Freitag, 24. April 2009
24.04.09 Granon nach Villafranca Montes de Oca
So, da bin ich nun wieder. Heute bekommt ihr es geballt von mir. Aetsch

Wenn ich leiden muss, dann duerft ihr wenigstens ein bisschen mitleiden.

Ich hatte Euch ja heute Mittag schon geschrieben, dass ich nur ein Paeuschen gemacht hatte.
Ich bin dann ca. 1 Stunde nach den anderen wieder auf den Weg gegangen.

Es war richtig fantastisch (schreibt man das so?). grins
Ich habe auf den ganzen fast 15 Kilometern nur einen Pilger getroffen. Teilweise war es aber auch ein bisschen unheimlich. Das bin ich ueberhaupt nicht mehr gewohnt.
Aber es tut auch gut. Das hat mal so ein bisschen die Luft raus genommen. Nicht mehr hinter den Pilgern oder vor irgendjemand herrennen. Ich glaube, dass ich durch die "Familie" ein bisschen mehr mache, als ich alleine machen wuerde. Ich frage mich auch, ob ich dabei nicht ein bisschen auf der Strecke bleibe. Das sollte ich vielleicht heute lernen.
Jedenfalls macht mir das Laufen viel Spass. Vermutlich denken die Spanier, dass der Pelegrino ein bisschen spinnt. Laeuft in der Siesta den Camino. Mir aber egal. Ich bin guter Dinge

Anfangs tut mir -nein, nicht die Blase- die Verse ein bisschen weh...aber dann laeuft alles wieder rund.
Setze mir Ohrstoepsel mit Musik auf (welche verrate ich nicht lach) und MARSCHIERE dahin. Spaeter singe ich laut auf den Feldern. Das macht riesigen Spass. Ich hoffe, dass nicht doch irgendwo jemand zuhoert...und wenn, mir auch egal.

So komme ich gut voran. Bin dann so gegen 15 Uhr in meiner "Destination" angekommen.
ich werde auch gleich mit "Du bist aber spaet" begruesst. Das muss man sich mal vorstellen.
Da ich aber bester Laune bin, macht mir das ueberhaupt nichts aus.
Vermutlich war es meine Tagesaufgabe, wieder Ruhe in den Camino zu bringen. Mal sehen, ob ich das Gelernte dann auch umsetzen kann.

Die Herberge hier ist sehr nuechtern aber nett. So wie es aussieht, ist sie nicht voll und ueber mir schlaeft schon wieder keiner. Einfach traumhaft.
Habe schon wieder Waesche gewaschen. Da ein bisschen Wind ist, ist sie schon fast trocken.

Noch ein bisschen Erdkunde. Nachdem ich heute morgen Granon verlassen habe, habe ich auch das La Rioja verlassen. Jetzt bin ich in Kastilien. Somit sind hier jetzt auch keine Weinberge mehr.
Das Land veraendert sich schon wieder.
Der Boden ist jetzt wieder mehr braeunlich und es hat, so glaube ich, weniger Steine im Boden.

Ist das nicht toll, was ihr hier noch so alles lernen koennt. Grins.

Ich werde jetzt mal ein bisschen meine Fuesse massieren, damit sie morgen wieder fit sind.
Immerhin leisten sie hier beste Dienste. Diese sollten auch ein bisschen gewuerdigt werden. Also kuemmere ich mich ein bisschen intensiver um sie.

Da faellt mir gerade noch ein witziger GEdanke ein, den ich gestern hatte. Erstmals kam mir gestern beim Laufen in den Sinn, dass es doch wunderbar waere, wenn ich mich jetzt einfach ins Auto setzen koennte, Schluessel umdrehen, Dach auf und losstarten....solche Traeume muessen auch mal erlaubt sein, oder? :-)))

Ich denke, ich habe meine Tagesaufgabe fuer heute gut erfuellt. Ihr seid informiert.

Hoffentlich hattet ihr viel Spass beim lesen und es wird Euch nicht langweilig.

Es gruesst Euch von Herzen
Euer
Thomas

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23.04.09 Najera - Granon
So, ich bin nun einen Tag spaeter, da es gestern kein Internet gab.

Mache gerade ein Paeuschen, weil es auch heute Abend kein Internet gibt. Was ich alles auf mich nehme lach

So, nun noch einmal zurueck

Nachdem wir gut in Najera gegessen hatten (das Familienfoto stammt von diesem Essen), ging es gestern schon ganz frueh los.

Ich bin zum ersten mal fast im Dunkeln gestartet. Das ist wohl ein bisschen verrueckt, aber man laeuft in den Sonnenaufgang hinein. Tolle Sache.
So fuehrte mich mein Weg heute -meist allein- durch das La Rioja. Viel Weinbau und die Erde veraendert sich schon wieder. Hier ist der Sand noch leicht roetlich, aber die Felder haben ganz viele Steine. Es ist schon interessant.

Mein linker Fuss hat 2 Stellen, an denen er schmerzt. So bin ich heute auch mal ein bisschen Wehleidig. Wege mit dicken Steinen kann ich nicht leiden. Immer treffe ich eine Stelle, an der es schmerzt. Na gut, ein bisschen Fluchen tut auch mal gut. Das befreit.

Sonst geht es mir praechtig. Ich denke, dass sich die Fuesse so langsam an das Wandern und schleppen von 10 Kilo Balast gewoehnen.


Am Morgen sind nun immer in Karavanen von Pilgern unterwegs. Dies aendert sich im Laufe des Tages. Dann verlaeuft sich das ganze ein bisschen.
Ich lasse mich nicht stressen (oder doch?).

Ich komme dann durch einige Ortschaften (eine davon ist wohl eine Musterstadt mit Golfplatz - viele neue Haeuser, worin keiner wohnt - gruselig)

Ich komme dann nach Santo Domingo de la Calzada. Dort finde ich Cemi, Ann-Sophie, Alex und Martin. Wir machen gemeinsam Siesta, essen etwas.

Ich schaue auch mal in die Kathedrale hinein. Dort ist in einem Fenster ein lebendiger Hahn.
Hierzu gibt es eine Geschichte. Ich fasse mich kurz:
Eine Familie pilgerte nach Santiago. Sie uebernachteten in einem Wirtshaus. Die Tochter des Wirtes hat sich in den Sohn der Familie verliebt. Er hat sie abgewiesen und sie sind weiter gezogen. Das Maedchen hat dem Jungen einen silbernen Becher ins Gepaeck geschmuggelt und zeigte ihn dann des Diebstahls an. Lange Rede kurzer Sinn, er wurde zum Tode verurteilt und aufgehaengt. Nach Vollstreckung der Todesstrafe kamen die Eltern zum Ort der Vollstreckung zurueck. Der Sohne lebte noch. Er wurde von Santo Domingo gestuetzt. Sie gingen mit dem Sohn zum Richter um von dem Wunder zu berichten. Dieser sass gerade beim Essen und sagte, dass der Junge so lebendig sei, wie die zwei Huehnchen, die er gerade verspeisen wollte. Diese flogen darauf hin davon. Seitdem werden in einem Kaefig in der Kathedrale ein weisser Hahn und eine weisse Henne gehalten (die jede Woche ausgewechselt werden). So ihr Lieben, ein bisschen Geschichte muss auch sein.
Man glaubt es kaum.

Wir haben aber von einer kirchlichen Herberge in Granon gelesen, die ziemlich gut sein soll.
So gehen wir in ziemlich grosser Hitze und Sonnenschein pur ( kein Woelkchen am Himmel) wieder aus Santo Domingo raus. Es ist eigentlich ein bisschen Schade, da es ein tolles und Staedtchen ist. Aber man kann nicht alles haben und muss sich auch mal entscheiden.

Wir sind dann also nachmittags so gegen 14 Uhr oder 14.30 Uhr in Granon. Der Reisefuehrer hat nicht zu viel versprochen
Hier nun erst mal einen Eindruck von der Herberge( nein, ich seht richtig, es ist eine Kirche)



Die Klamotten haben wir ueber dem Kirchenschiff im Gewoelbe gewaschen und dann im Turm aufgehaengt. Echt witzig

HIer noch ein Blick vom Kirchturm


Ja, das war wirklich toll. Wir haben auf Matten in einem Raum -ich glaube ueber der Kirche- geschlafen und oben drueber war noch der Aufenthaltsraum.
Dort haben wir abends gemeinsam gekocht und gemeinsam gegessen.

Zunaechst gab es natuerlich einen Gottesdienst in der Kirche und eine eigene Ansprache und Segnung fuer uns Pilger. Sehr schoen.

Nach dem Essen haben wir alle gemeinsam abgespuelt -zumindest die, die nicht beim Kochen geholfen haben - und dann gab es noch ein wunderschoenes Abendgebet auf der Empore der Kirche. Hier wurde in den Sprachen der Anwesenden gebetet.
Sehr schoen gemacht.
Das sind Eindruecke, die man so schnell nicht vergisst.

Einen Eindruck werde ich auch nicht vergessen. Kurz vor dem Essen steht Thiago vor mir. Wir, Cemi er und ich, sind gemeinsam ueber die Pyreneen gegangen und hatten uns auf dem spaeteren Weg verloren (Cemi hatte ich ja Sonntag schon wieder getroffen). Das war echt der Hammer. Alles freut sich. Ach, das Leben ist schoen!!!!

Auch war es das erste Mal seit einer Woche, dass ich nicht jemanden in einem wackelnden Bett ueber oder unter mir hatte. Manchmal hat man das Gefuehl, dass man auf See ist, wenn jemand oben oder unten im Bett sich lediglich umdreht. Freu freu freu

So und nun bin ich auf dem Weg nach Villafranca Montes de Oca.
Habe noch so ca. 13 Kilometer vor mir. Es ist heute sonnig draussen aber nicht ganz so heiss, wie gestern.

Die Zeit am PC ist jetzt gleich um.

aber kurz vor Schluss noch eine Kleine Neuigkeit: Gestern wurde unter meiner ersten Blase eine 2. gefunden und erfolgreich operiert. Alles laeuft heute bestens...so kann es gerne weiter gehen... :-)))

Mache mich wieder auf den Weg.
Der naechste Beitrag erfolgt, sobald ich wieder einen PC finde.

Ich gruesse Euch ganz herzlich
buen Camino
thomas

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Hier nun ein Nachtrag zum 22.04.09
Die "Familie":


v.l. Onkel Wim, meine Wenigkeit, Ann-Sophie, Cemi, Cornelia, Simone, Theo, Alex und Martin (leider nur die Haare)

und hier koennt ihr mich nun mit Onkel Wim und Theo sehen. Ich gruesse die Frauen der beiden in Holland!!!
Hofentlich sehe ich sie wieder!!!



und ich hatte Euch ja das Gedicht versprochen, welches auf einer Mauer auch in Deutsch stand:


Staub, Schlamm, Sonne und Regen
das ist der Weg nach Santiago
Tausende von Pilger
und mehr als Tausend Jahre

Wer ruft dich? Pilger...
Welch geheime Macht lockt dich an?
Weder ist es der Sternenhimmel
noch sind es die grossen Kathedralen
weder die Tapferkeit Navarras
noch der Rioja-Wein
nicht die Meeresfruechte Galiziens
und auch nicht die Felder Kastiliens

Pilger, wer ruft Dich?
Welch geheime Macht lockt dich an?
Weder sind es die Leute unterwegs
noch sind es die laendlichen Traditionen
weder die Kultur und Geschichte
noch der Hahn von Santo Domingo
nicht der Palast von Gaudi
und auch nicht das Schloss von Ponferradas.

All dies sehe ich im vorbei gehen
und dies zu sehen, ist ein Genuss
doch die Stimme, die mich ruft
fuehle ich tiefer in mir

Die Kraft, die mich voran treibt
Die Macht, die mich anlockt
auch ich kann sie mir nicht erklaeren.
Dies kann allein nur ER dort oben


E.G.
(Ein Priester des Dorfes)

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